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Haarige Sache

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So, JJ und radierer haben das Etymologiequiz perfekt gelöst! Ich hatte ja einen Preis mit Etymologiebezug versprochen (den jetzt einfach beide kriegen), was haltet Ihr von Olschanskys “Täuschende Wörter”? Und als Trostpreis für alle anderen Teilnehmer gibt’s einen Link zu SpecGrams EtymGeo™, wo man Städtenamen rauskriegen muss – absolut empfehlenswert.

Gut, Formalitäten geklärt, jetzt weiter mit der Nachbetrachtung ausgewählter Wortpaare:

Zopf und Toupet

Der Zopf

Schon im Althochdeutschen findet sich der zopf, und zwar mit den Bedeutungen ‘Ende, Zipfel, Zopf’. Seine indogermanische Wurzel ist *dumb‑ in der Bedeutung ‘Schwanz, Stab’. Durch die 1. Lautverschiebung wurde d zu t und b zu p, sodass die germanische Vorstufe *tupp(az) lautete. Dessen Verwandlung in zopf geht wunderschön lautgesetzlich vonstatten (wer darauf keine Lust hat, scrollt am besten schnell weiter zum Toupet):

  1. tuppaz > toppar
  2. toppar > topp
  3. topp > zopf

Zunächst einmal wird im Westgermanischen das u zu o. Das nennt man “westgermanische Senkung”, weil die Zunge bei der Aussprache von o tiefer liegt als bei der von u. Ausgelöst wird sie durch die Laute der folgenden Silbe: Wenn die tiefer liegen als u, dann wird das u zu ihnen heruntergezogen – wie in der Abbildung rechts zu sehen. (Das gleiche passiert dem i, das dann zum e wird.) In diesem Fall ist das a der Endung verantwortlich.

Nach getaner Arbeit verschwindet die Endung -az (z = stimmhaftes s, wie in Sonne), mit einem Umweg über -ar (“westgermanischer Rhotazismus”). Das ist ganz systematisch, vgl. germanisch fiskaz, skipaz, dagaz und heutiges Fisch_, Schiff_, Tag_.

Nun geht es dem t und dem pp an den Kragen, und zwar in der 2. Lautverschiebung: Da wurden sie beiden nämlich “affriziert”, das heißt sie wurden zu einem neuen Lauttyp, den Affrikaten. Das sind Verbindungen aus einem Plosiv (p, t, k, …) und einem Frikativ (s, f, ch, …), die an ungefähr demselben Ort im Mund gebildet werden. Die Affrikate zu /t/ ist /ts/, geschrieben als <z> (beides hinter den oberen Schneidezähnen gebildet), und die Affrikate zu /p/ ist /pf/ (beide an den Lippen gebildet).

Das Resultat ist der zopf, ein paar hundert Jahre später dann noch mit Großschreibung versehen, und fertig.

Das Toupet …

… haben wir im 18. Jahrhundert aus dem Französischen entlehnt – und zwar von (faux)toupet ‘(falsches) Haarbüschel’. Dabei handelt es sich um eine Verkleinerungsform des altfranzösischen Wortes to(u)p ‘Haarbüschel, Ende’: toup+et. Dieses -et ist übrigens die maskuline Form von -ette wie in Jeannette (zu Jeanne).

Das toup haben sich die Altfranzosen aber nicht ausgedacht, sondern übernommen: Vorlage war mit dem altwestfränkischen *top ein Wort germanischen Ursprungs – ja, genau, ebenfalls eine Folgeform von tuppaz! Sowas passiert also, wenn Lehnwörter wieder zurückgegeben werden (@suz).

Und: top!

Auch sehr spannend fand ich den Hinweis von thf, dass hier ja eine enorme Ähnlichkeit zum englischen Wort top ‘oberer Teil, höchster Punkt’ besteht. Das ist tatsächlich verwandt, wie etymonline bestätigt. Im Altenglischen hatte es noch die Bedeutung ‘Scheitel, Gipfel, Haarschopf’. Die Haarbedeutung ist verschwunden, wärend die wohl daraus entstandene Oberflächenbedeutung (denn oben auf dem Menschen sind im Normalfall ja die meisten und längsten Haare) weiter verallgemeinert wurde.

Auch dieses Wort haben wir uns übrigens gekrallt, und zwar, um etwas im übertragenen Sinne spitze zu finden: Topmanager, topaktuell, Topthema.

Quellen:


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